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Foto: Cora K. Hiebinger

Damit mir nicht langweilig wird habe ich kürzlich einen Wildniskurs bei der Natur- und Wildnisschule meines Vertrauens besucht. In diesem Kurs geht es darum, in entspanntem Rahmen einige Grundfertigkeiten zu erwerben, die es erleichtern, in und mit der Natur zurechtzukommen, sollte man sich plötzlich ohne nennenswerte Hilfsmittel fernab des nächsten Supermarktes oder Onlinehandels wiederfinden. Spielen für Erwachsene mit coolem Lern- und Entschleunigungseffekt.

Neben Unterstand bauen, Holzschalen brennen und Schnüre aus Pflanzenfasern herstellen stand auch das Feuermachen mit Bogendrill auf dem Programm.

Wer sich noch an Winnetou und Old Shatterhand oder andere Western und „Mensch alleine in der Wildnis“-Filme erinnert hat diese Technik sicher schon einmal gesehen.

Meist wird in diesem Genre überhaupt die noch fortgeschrittenere Methode des Handdrills gezeigt und der Held/die Heldin quirlt kurz einen Holzstab, um umgehend vor einem wärmenden Lagerfeuer das nebenbei auch gleich noch erledigte Wild plus ein paar nahrhafte Wurzeln auf appetitlichen Spießchen zu genießen.

Die Realität ist – wie ich erfahren durfte – ein grundlegend andere. Die Holzteile – zwei flache und ein länglicher Quader unterschiedlicher Größe bekommen wir erleichternd zur Verfügung gestellt – ebenso eine Bogenschnur. Der längliche Quader muss nun in eine möglichst gleichmäßig runde Spindel geschnitzt werden, um danach diese Spindel zu verwenden, um die passenden Mulden in die beiden anderen Stücke zu drillen.

Bereits beim ersten Arbeitsschritt kam ich mit meinem 08/15, winzigen Schweizermesser rasch an meine Grenzen. Während andere sich bereits am Mulden drillen übten, mühte ich mich noch immer mit der Abrundung und Zuspitzung der Spindel ab. Ohne den ersten Schritt – die Spindel – kann man freilich die nächsten Schritte noch nicht einmal andenken.

Erste Lehre

Erste Lehre aus dem Ganzen: ich brauche endlich ein gescheites Messer. Weil die passenden, richtigen Werkzeuge wichtig und relevant sind. (Und ohne g’scheiten ersten Schritt hapert’s beim Zweiten, oder es folgt gleich gar keiner.)

Beim Sammeln des Feuermaterials – trockenes Gras und Löwenzahnsamen als Zunder, abgestorbene, trockene Fichtenästchen, Borke und sonstiges Totholz – war ich dann wieder voll mit dabei und meine Feuerstelle konnte sich durchaus sehen lassen.

Zweite Lehre

Zweite Lehre: Mit Pflanzen, Sammeln und „Nesterl“ bauen habe ich schon oft zu tun gehabt. Meine Erfahrung mit Holz und Messern beschränkt sich mehr oder weniger auf Gemüse schnipseln auf dem Küchenbrett. Mir das Tempo von g’standenen Outdoor Menschen vorgeben zu lassen, die ein Messer führen wie ich einen Kugelschreiber, ist wenig sinnvoll.

Der nächste Reality-Check als ich endlich meine Spindel fertiggeformt hatte: um die nötige Reibung zu erzeugen braucht es gehörigen Druck von oben (mit meiner linken Hand) und Geschwindigkeit und Ausdauer in der rechten, die den Bogen hin und her schiebt. Gleichzeitig benötigt es großes Feingefühl, weil der Bogen in der Bewegung parallel zum Boden geführt bleiben muss – sonst wandert die Bogensehne an der Spindel nach oben oder unten, stört das Quirlen und damit den Reibungsprozess oder lässt die Spindel überhaupt aus der Sehne springen.

Nachdem ich endlich die Technik so weit heraußen hatte, dass ich die nötigen Mulden in die Holzquader gedrillt hatte, konnte ich den nächsten Schritt setzen. Ein V-förmiges Stück war von einer der Mulden auszusägen, damit von dort die zu erdrillende Glut auf den Zunder fallen kann. Ein Riss in meinem Holzstück, den ich schon zu Beginn bemerkt, jedoch nicht weiter ernst genommen hatte wurde mir nun zum Verhängnis. Ein Stück brach aus, die Form (Mulde und V-förmige Öffnung) war nicht mehr zu halten. Also zurück an den Start.

Dritte Lehre

Dritte Lehre: Zu Beginn eines Projekts die Basis, das Arbeitsmaterial einer genauen Prüfung unterziehen. Auch kleinste Unstimmigkeiten oder Haarrisse können ausschlaggebend für den Erfolg sein. Und die korrekte Form ist manchmal wirklich ausschlaggebend für die Funktion.

Ich begann also von Neuem – mit nun sorgfältig ausgewählten, rissfreien Holzstücken. Ich ärgerte mich wieder über mein Fuzzel-Messer, das ich als Mädchen geschenkt bekommen habe und darüber, dass meine Brüder damals je ein viel besseres, größeres bekommen haben. Und ich schnitzte mir eine neue Spindel. Einige Details auf die es zu achten gilt waren mir nun bereits klar und das eigentliche Lernen – wie baue ich mir ein Bogendrill-Set – begann jetzt erst so richtig beim zweiten Anlauf.

Vierte und Fünfte Lehre

Vierte und Fünfte Lehre: als erwachsene Frau kaufe ich mir das Messer meiner Wahl und lasse mir nicht vorgaukeln, was für mich reicht und genügt. Das nächste Plus auf meinem Konto bringt mich zum Fachgeschäft. Und: wenn Dinge nicht sofort funktionieren bietet das unzählige Möglichkeiten dazuzulernen. Irgendwie öd für Ungeduldige, aber gleichzeitig äußerst erhellend. Beim zweiten Mal habe ich selbst entschieden, wann die Mulde tief genug war, die Spindel rund genug und die Bogenschnur straff genug.

Beim Schnüremachen war ich eine der Schnellsten, also hatte ich genügend Zeit, am Drill-Set weiterzuarbeiten. Die Mulde entwickelte sich diesmal recht gut und auch die Reibungswärme schaffte ich hochzuschrauben – eine Brandblase von der etwas zu achtlos platzierten Spindelspitze war der Beweis. Im Endeffekt hatte ich jedoch am Ende des Kurses zwar die Technik ganz gut heraußen, aber die Holzteile so abgearbeitet, dass die Mulden nun nicht zu flach, sondern im Gegenteil zu tief waren. Für einen 3. Anlauf reichte die Zeit vor Ort leider nicht mehr, und damit auch nicht dazu ein Feuer zu entfachen. Trotzdem – der Kurs war ein voller Erfolg und hat sehr viel Spaß gemacht.

Sechste und letzte Lehre

Sechste und letzte Lehre: es mag zeitweise frustrierend sein, Dinge zu probieren, von denen man absolut keine Ahnung hat. Aber in einem Rahmen, der dich unterstützt und dir den Raum gibt auszuprobieren und nicht beurteilt (keiner hat mich als Großstadt-Tussi abgestempelt) ist es sehr lustvoll immer wieder mal solche Herausforderungen anzunehmen; und Erfolg ist nicht unbedingt immer an einem einzelnen, spezifischen Ergebnis zu messen.  Passende Werkzeuge, um mit Frust und Ärger umzugehen – und Feuer der anderen Art zu entfachen, haben wir ja durch die Körperarbeit zur Hand. Jetzt gilt es nur noch, ein g’scheites Messer zu erstehen. Für noch mehr Flammen.

 

 

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