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Oder: Choose your battles wisely

Choose

Zu meinem 50’er wurde mir die Endlichkeit meines Daseins so richtig bewusst. Mit viel Glück kann man diesen Meilenstein als Halbzeit betrachten – es könnte jedoch auch heißen, dass bereits ein Großteil des Lebens hinter und nicht mehr vor uns liegt. Ich habe also damals beschlossen, dass ich für gewisse Dinge in positiver Art „zu alt“ bin. Ich möchte die restliche, mir verbleibende Zeit so wenig wie möglich mit Dingen verbringen, die einer Verschwendung kostbarer Lebenszeit gleichkämen.

Es gibt auch so noch genügend Verpflichtungen und wenig prickelnde aber unumgängliche Tätigkeiten. Das fängt mit Körperpflege an (als Praktikerin und manueller Therapeutin muss ich wirklich, wirklich häufig Nägel schneiden – eine der langweiligeren Aktivitäten in meinem Alltag) und führt über Abwasch und Staubsaugen zur Buchhaltung. Wenn ich nun schon Zeit für Dinge aufbringe, die mich nicht per se, sondern lediglich über ihr Resultat erfreuen, dann möchte ich den restliche Tag mit Dingen füllen, die mich glücklich und zufrieden machen.

Battles

Und so habe ich in den letzten Jahren einige Zeitfresser ausfindig gemacht, die ihre Existenzberechtigung über die Selbstverständlichkeit aufrechterhielten, mit der sie sich in meinen Tagesablauf eingenistet hatten. Manches fühlte sich zunächst seltsam an aufzugeben; Sentimentalität kam aber trotz gegenteiliger Erwartung nicht auf, nur Erleichterung und ein Gefühl der Befreiung. Erstaunlich war lediglich, wie sehr sich meine Tage seither immer noch gut gefüllt anfühlen – aber eben nicht mehr wie kurz vor dem Bersten, sondern in einer angenehmen Art und Weise voll und intensiv.

Es ist vermutlich zum Teil dieser neuen, saftigen Elastizität geschuldet, die mir die Wahl erleichtert. Die Wahl, worauf ich meinen Fokus lege, wie ich meine Zeit verbringe, wo ich meine Prioritäten setze. Ich höre oft von Klient*Innen und Patient*Innen, dass sie es irgendwie einfach nicht schaffen, regelmäßigen Sport in ihren Alltag zu integrieren. Oder dass sie keine Zeit haben, sich eine gesunde, ausgewogene Mahlzeit zu kochen. Oder wirklich 7- 8 h Schlaf zu bekommen. Und es ist ja auch wirklich schwierig, in einem bereits vollen Tagesablauf Zeitfenster zu finden. Und in diesem Dauerstress, in dem man dann allem ständig hinterherhinkt und die To-Do-Liste länger statt kürzer wird, fällt dann auch die Entscheidungsfindung schwer, was denn nun eigentlich Priorität hat – oder was denn nun eigentlich wirklich unser Interesse weckt.

Wisely

Auch ohne unser bewusstes Zutun verteilt unser Körper die Ressourcen, die ihm zur Verfügung stehen in klaren Prozentsätzen: 20 – 25% geht an das Gehirn und Nervensystem. 20% geht an die Leber. Beim Sport geht der Großteil der Energie nicht für die Muskeln drauf, sondern für die Temperaturregulation, um unseren Körper vor Überhitzung zu schützen. Was wir mit der Restenergie machen, die unser Körper nicht für die Aufrechterhaltung unserer Lebensfunktionen benötigt, wohin wir diese Energien für unser Tun lenken, liegt aber zum Großteil in unserer Hand. Und die Entscheidung, worauf wir unseren Fokus legen, um uns nicht Aufzureiben in einem Zuviel von Allem ist bereits eine grundsätzliche Wahl, welche „Schlacht“ wir schlagen wollen.

Was in unserer Hand liegt

In Zeiten von Unsicherheit und Stress habe ich es schon immer entspannend gefunden, die Aufgaben, die mir klar gestellt wurden, gewissenhaft zu erfüllen. Das gab mir ein Gefühl von Selbstwirksamkeit – die Lehrkräfte denken, wenn ich diese Hausübungsbeispiele durchrechne, und auch die nächsten und nächsten, dann schaffe ich auch die Schularbeit und darauffolgende Prüfungen. Die Trainerin zeigt uns Übungen, die wir täglich durchführen sollen, um unsere Aufmerksamkeit zu stärken und die Supervisionen zum Abschluss der Grinberg-Ausbildung zu schaffen; das ist überschaubar, ich kann es machen und habe damit einen Einfluss auf das Ergebnis.

Weil Tatsache ist – neben der gehörigen Portion Glück die ich brauche, um meinen 50’er Halbzeit nennen zu können, gibt es auch bei jeder Prüfung, bei jeder Entwicklung, bei allem, was wir in unserem Leben versuchen immer einen Bereich, auf den wir keinen direkten Einfluss haben. Das ist derzeit sehr deutlich – der Krieg in der Ukraine, Umstürze in Afrika, die Klimakrise auf der ganzen Welt mit Hitzewellen, Vermurungen, Überschwemmungen.

Zeitweise stresst mich die Lage der Welt so sehr, dass ich nicht mehr schlafen kann. Dann schießt mir wieder ein, dass es nicht im Sinne der Erfinder*In ist, dass ich meines Lebens nicht mehr froh bin, obwohl mich die globalen Bedrohungen bisher noch nicht niedergewalzt haben.

Hingabe

Und nun, endlich, sind wir bei der Hingabe. Die Hingabe an das, was wir nicht beeinflussen können. In dem Sinne, dass wir uns nicht unnütz gegen etwas wehren, das so oder so genauso ist, wie es ist. So kann ich mein Gewicht an die Schwerkraft abgeben und gleichzeitig in die Fliehkraft einklinken, und meinem Körper damit erlauben, sich in diesem Kräfteverhältnis entspannt einzufinden. Sich hingeben in dem Sinne, dass ich nicht so tue, als hätte ich alles unter Kontrolle, wenn es ganz klar einen Bereich des Nicht-Wissens gibt. Das heißt auch, nicht so zu tun, als hätte ich keine Angst, wenn die Welt doch wirklich beängstigend ist. Die Hingabe an den Teil in uns, der ganz einfach ein Lebewesen ist, und Teil der Natur, und damit Naturgesetzen unterliegt oder ganz einfach der Physiologie des Menschen – auch wenn wir uns glauben machen wollen, wir wären auserwählt, und etwas Besseres und stünden über den Dingen.

So finde ich es tröstlich, mich immer wieder daran zu erinnern, dass die Natur uns Menschen wohl überleben wird. Und dass, wenn ich alles getan habe, was mir möglich ist, es nichts mehr zu tun gibt.

Wir können also wählen und entscheiden, wofür wir stehen und wofür wir einstehen. Und dann alles dafür tun, was in unserer Hand liegt, in unserer Macht steht, so gut wir es können. Jeder und jede in ihrem Bereich, in seinem Maß, mit ihren Fähigkeiten. Und uns dem unkontrollierbaren Rest hingeben –

Im Sinne des Tao Te Ching von Lao Tzu:

„…..Whoever is soft and yielding is a disciple of life. The hard and stiff will be broken. The soft and supple will prevail.”

 

 

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