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Foto: Cora K. Hiebinger

Kürzlich habe ich mit meinem Ex-Freund in New York telefoniert. Die Feierlichkeiten rund um den Jahrestag von 9/11 weckten Erinnerungen an die Angst, die ich damals um ihn hatte; viele seiner Klienten hatten ihre Büros in den Twin Towers – das Telefonnetz war nach den Anschlägen stundenlang völlig zusammengebrochen und meine Sorge um Danny’s Wohlergehen konnte erst spät abends beruhigt werden. Ihm war Gott sei Dank nichts passiert. Einige seiner Klienten waren allerdings unter den Todesopfern.

Danach änderte sich die Stadt. In 2001 unterrichtete ich bereits seit 2 Jahren Biologie an einer High-School in der Bronx, hatte also eine offizielle Arbeitserlaubnis und Anstellung. Ein Leben, wie ich es davor „in the City that nevers sleeps“ geführt hatte – von der Hand in den Mund, mit 12 verschiedenen regelmäßigen Gelegenheitsjobs und alles „off the books“ – um mir das Tanzen zu finanzieren, wurde nach 9/11 nicht nur wegen meiner sich ändernden Bedürfnisse immer unmöglicher und unbequemer. Neben den politischen Veränderungen und Erschwernissen für Menschen ohne Green Card tickte zu diesem Zeitpunkt auch meine biologische Uhr schon wirklich laut.

Zurück zu meinem Telefonat mit Danny letzte Woche. Nach einem gegenseitigen Update sprachen wir über dies und das und plötzlich fragte er mich, ob ich eigentlich Kinder gewollt hätte. Ich war kurz baff. Mein Ex, eine meiner großen Lieben (ich habe drei) fragt mich diese Frage, 16 Jahre nachdem ich nach Österreich zurückgekehrt bin; zurückkehrte u.a. deshalb, weil ich unbedingt ein Kind wollte und mich außerstande sah, das mit meinem damaligen Visum-Status in New York zu bewerkstelligen.

Ob er sich nicht erinnern könne, dass ich ihn einmal darauf angesprochen habe und ihm sagte, ich wolle ein Kind von ihm? Und er antwortete: „Why me?“, fragte ich ihn also letzte Woche. Nein, er könne sich nicht an jedes unserer Gespräche und Diskussionen erinnern – war seine Replik.

Meine Erkenntnis aus dieser Begegnung ist jetzt nicht, ein Vorurteil gegenüber Männern zu bestärken – „die hören ja nie zu“. Sondern meine damalige Reaktion auf sein „Why me?“ in Frage zu stellen. Ich war damals gekränkt, stimmt. Aber Tatsache ist, dass ich dachte – „Well, because I love you“ müsste reichen als Antwort. Und dass mein Wunsch ja wohl selbstverständlich sei. Und dass ich Danny’s Reaktion automatisch als Ablehnung deklarierte und mich sofort mit einem beleidigten innerlichen „Na dann halt nicht“ zurückzog. Ich kann mich sehr genau daran erinnern, wo dieses Gespräch vor fast 20 Jahren stattfand. Und die Konsequenzen die ich daraus zog haben mich immer wieder beschäftigt und sind noch heute spürbar – ich habe keine Kinder. Aber es ist auch eine Tatsache, dass ich das Thema mit ihm genau einmal angesprochen habe. Und den Rest der Zeit die Problematik mit mir selbst – und mit FreundInnen besprochen habe. Weil ich unsicher war und Angst vor einer Abfuhr hatte.

Auch die Schwierigkeit, unter den Post-9/11-Bedingungen als „legal alien“ ohne Green-Card und mit einer Arbeitserlaubnis nur für einen Mangelberuf (Biologie-Lehrerin) dazustehen, und den Umwälzungen im Schulwesen ohne Lobby gegenüberzustehen habe ich kaum direkt und ausgiebig mit ihm erörtert. Und so war es wohl kein Wunder, dass Danny etwas perplex war, als ich ihm im Sommer 2003 mein Abflugsdatum nach Wien mitteilte. Ich schüttelte damals den Kopf über ihn, und meinte, ich hätte ihm das doch gesagt, dass ich nach den 6 Wochen Campen in den Nationalparks des Süd-Westens weggehen werde. Aber er hatte das ganz anders verstanden und dachte, ich hätte mein Hab und Gut in Storage gegeben, um Miete zu sparen über den Sommer. Erst Jahre später ist mir klar geworden, wie sehr ich ihn vermutlich vor den Kopf gestoßen habe, wie kränkend das für ihn gewesen sein musste. Dass ich all diese Entscheidungen mit mir selbst ausgemacht und ihn im Endeffekt mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt habe.

Es stimmt, unsere Beziehung war über weite Strecken schwierig und mit vielen Unklarheiten behaftet. Aber wäre ich damals schon mutiger gewesen und möglichen Konflikten nicht schnell ausgewichen; hätte ich die Dinge klar angesprochen – und Klarheit eingefordert – wäre wohl einiges anders gelaufen. Und vermutlich wäre ich jetzt Mutter zweier Teenager, die mir den letzten Nerv rauben und mich gleichzeitig unbändig stolz machen.

Ich bin an sich sehr gut darin, etwas zu wollen und auch dafür zu gehen. Ohne diese Sturheit wäre ich z.B. nicht in New York gelandet, um zu tanzen – und hätte Danny erst gar nicht kennengelernt. Und ich hätte nicht Biologie studiert, wäre nicht Grinberg-Praktikerin geworden, oder Medizinische Masseurin. Aber wenn auch andere involviert sind, ist es schon hilfreich, Klartext zu reden, und den oder die anderen wissen zu lassen, was einem wichtig ist – und was man gerne möchte. Mein Leben ist auch so gut. Aber ich habe eine Option verspielt. Weil ich damals davon ausging, etwas, das mir sehr wichtig war, müsste automatisch die selbe große Relevanz für mein Gegenüber haben. Und ich beleidigt und gekränkt war, weil mein Partner nicht sofort beim ersten Mal, als ich ein Thema aufs Tapet brachte mit heller Begeisterung reagierte. Und es sodann nicht mehr ansprach.

Also – lasst uns unseren Mund aufmachen und sagen, was wir wollen. Unser Gegenüber kann es nicht riechen. Und vielleicht versteht der Andere nicht gleich, was das Ganze mit ihm zu tun hat. Oder sie lehnt rundheraus ab. Aber es gibt zumindest allen Beteiligten die Chance selbst zu wählen, mit allen Karten auf dem Tisch.

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