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Foto: Julia Maria Rohn

Berührung die berührt

Neulich wünschte sich eine betagte Patientin eine Massage statt der Strombehandlung die ihr verschrieben wurde.

Ich klärte das also mit der behandelnden Ärztin ab und sie fragte mich, was denn Massage bewirken würde. Die Frage hat mich kurz verwundert, aber es stimmt schon – abgesehen davon, dass uns allen irgendwie bewusst ist, dass Berührung gut tut (sofern sie im gegenseitigen Einverständnis und in der richtigen Dosierung und Art und Weise stattfindet) – was passiert eigentlich während und nach einer Massage, durch Berührung an sich? Was ist der Unterschied zwischen Triggerpunkt- und Tiefenmassage, zwischen reflektorischen und klassischen Techniken, was heißt Faszientherapie und was hat es – speziell in der Grinberg-Methode – mit Wasserberührung, Erde,- Luft- und Feuerberührung auf sich?

Es folgt also hier ein Versuch, einen Überblick darüber zu geben, was Berührung ist, was sie braucht – und was sie bewirken kann. Einen Überblick, der sich aus Erfahrung speist und keine wissenschaftliche Abhandlung über die einzelnen Techniken sein möchte.

Berührungs-Erfahrung habe ich nun seit fast 15 Jahren in meiner Praxis als Grinberg-Praktikerin gesammelt, Erfahrung in Sachen Massage in den letzten 3 Jahren, Faszien im engeren Sinn sind in den letzten Monaten dazugestoßen. Aber im Grunde hat mich auch meine Arbeit an der Evander Childs High School in der Bronx und meine Unterrichtstätigkeit als Pilatestrainerin in Sachen Berührung geschult. Denn Berührung beginnt – neben Respekt und Integrität – mit Wahrnehmung.

Wahrnehmung

Menschen besitzen die Fähigkeit andere wahrzunehmen und zu spüren, wie es jemandem gerade geht. Und so wie du vermutlich auch schon erlebt hast, dass deine Pilates-TrainerIn oder MasseurIn, sobald du die Praxis betrittst bereits zu wissen scheint, wo dich der Schuh drückt, trainieren Grinberg-PraktikerInnen diese Wahrnehmung speziell auch im Hinblick auf Stimmungen und Atmosphären, die dich vielleicht umgeben bzw. die du kreierst.

Bevor meine Hände überhaupt mit meinem Gegenüber Kontakt aufnehmen, erhalte ich also schon ganz viel Information. Wer steht/liegt/sitzt da eigentlich vor mir? Wie geht es der Person? Wie äußert sich das Thema, um das es geht im Körper der KlientIn? Wo ist extra Anstrengung, welche Bereiche sind zum Nirvana geworden und ihr nicht zugänglich?

Neben der Verwendung des ganzen Körpers als Wahrnehmungsorgan kommen dann noch die Spezial-Werkzeuge – die Hände – ins Spiel. Wie spürt sich die Haut an, wie ist die Konsistenz des Gewebes darunter, wie fühlen sich die Muskeln an, wie viel Substanz liegt über den Knochen? Sind die einzelnen Schichten gegeneinander beweglich, gibt es Adhäsionen, harte Stränge, schmerzhafte Knubbel? Gibt es Bereiche, die mehr oder weniger schon beim Hinschauen oder sie Ansprechen reagieren, weil das das Muster, die Persona der KlientIn triggert, oder der Körper hier Erlebnisse abgespeichert hat?

Aufmerksamkeit – Energy flows where attention goes

Wahrnehmung funktioniert natürlich nur in Kombination mit Aufmerksamkeit. Während eine Massage durchaus auch erlaubt, dass nur die TherapeutIn aufmerksam ist auf sich und ihr Gegenüber, wird auch sie effektiver sein, wenn du dich nicht nur be-handeln lässt, sondern weiteratmest und wach und aufmerksam bleibst, um zu spüren, wie sich dein Körper unter der Berührung anspürt. Dann kannst du auch relevantes Feed-back geben: deine TherapeutIn wird zwar meist selbst bemerken, ob eine Stelle für dich schmerzhaft ist oder nicht – aber wie stark ist der Schmerz? Strahlt er aus oder bleibt er lokal? Diese Information ist relevant, weil sie die Wahl der Berührungstechnik beeinflusst.

In Grinberg-Sitzungen ist deine Aufmerksamkeit +/- ständig gefragt, weil es darum geht, dass nicht nur deine Praktikerin lernt, wie du auf verschiedene Arten der Berührung reagierst, sondern dir das auch selbst bewusst wird.

Intention

Als Grinberg-Praktikerin ist es unumgänglich meine Intention für die Sitzung zu halten. Ist das Ziel der Sitzung Entspannung, dann geht es darum, meinem Gegenüber Entspannung beizubringen, bzw. ihr/ihm zu ermöglichen, Entspannung zu erleben. Wahrnehmung und Aufmerksamkeit ermöglichen es dann, die passende Berührungsart zu wählen, um dieses Ziel zu erreichen. Manche Menschen entspannen bei sanfter Berührung nicht, sondern driften ins LaLa-Land ab. Sie brauchen eher kräftige, feurige Berührungen, damit ihr Verstand zur Ruhe kommt und der Körper sich die Entspannung holen kann, die er braucht. Geht es darum, dass jemand sich kaum spürt, ist das Ziel ein ganz anderes – und als Konsequenz geht die Person vielleicht aus der Sitzung und spürt nun erst so richtig, wie sehr ihre rechte Seite eigentlich verspannt und schmerzhaft ist.

Speziell in der Faszientherapie benötige ich ebenfalls eine klare Intention. Diesmal auf einer sehr anatomischen und physischen Ebene.  Möchte ich das Epimysium berühren (die eher dünne, glänzende Faszienschicht, die jeden Muskel umhüllt), oder die Schicht zwischen den epimysialen Schichten zweier Muskeln, die gegeneinander gleiten können sollen?

Bin ich in einem Kompartment eines Bewegungssegmentes (d.h. Muskeln, die in einer Bewegungsrichtung zusammenarbeiten – z.B: die Vorderseite des Oberschenkels, gemeinsam strecken sie das Knie) oder möchte ich die Septen zwischen zwei Kompartments ansprechen, die eine aponeurotische und damit eine völlig andere Qualität haben?

Möchte ich den Muskel selbst bearbeiten, und wenn ja, den oberflächlichsten oder den, der darunter liegt, weil dort das Problem sitzt?

Und was macht nun eigentlich die Berührung?

Im Fall der betagten Patientin ging es eindeutig darum, die verspannte Muskulatur zu entspannen, Schmerzen zu lindern und ihr Vegetativum auszugleichen – sprich sie zu entstressen und ihr Wohlbefinden zu steigern.

Die verschiedenen Arten der Berührung können aber noch viel mehr. Nach den ersten 867 Wörtern fällt mir auf, dass dieses Thema nicht in einem einzigen Blog-Artikel abgehandelt werden kann. Dies ist also Teil 1. Mehr folgt.

Wenn Du Lust auf Berührung bekommen hast – seit Montag, den 3. Mai darf ich auch als Grinberg-Praktikerin wieder arbeiten. Mit ärztlicher Verordnung einer Heilmassage kannst Du auch während eines (zukünftigen) Lock-downs zu mir in die Praxis kommen. Termine findest du hier – oder du meldest dich per Email oder telefonisch bei mir. Ich freue mich auf Dich!

 

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