Wie Du das Gelernte im Alltag integrierst
Und wie kann ich das im Alltag umsetzen?
Das ist eine Frage, die mir immer wieder gestellt wird. Manchmal gleich zu Beginn eines Lernprozesses, nachdem ich einer neuen Klient*In erklärt habe, wie Sitzungen ablaufen und was sie von einem Lernprozess nach der Grinberg-Methode erwarten können. Oder wie neulich in den letzten Einheiten der Intensives, wenn das Bedürfnis, die erlebte Intensität in den Alltag hinüber zu retten besonders groß ist. Oder auch nach einer Sitzung an den Faszien Deiner Beine, in der ich Dir zusätzlich Übungen gezeigt habe, mit denen Du Dein Quergewölbe kräftigen kannst um die Ergebnisse der Sitzung nachhaltiger zu machen.
Die Befürchtung, dass wir uns nicht alles „richtig“ merken können, oder unsere Motivation nachlässt, regelmäßig zu üben, oder dass wir in unseren vollen Terminkalendern nicht die nötige Zeit für das „Dranbleiben“ und in den Alltag integrieren haben ist sehr oft sehr groß. Und gerade zu Jahresbeginn, wo wir dazu angehalten werden, Vorsätze für das neue Jahr zu machen, Ziele zu formulieren und uns wieder einmal zu verbessern, um unserem idealen Ich näher zu kommen, steht die Frage berechtigterweise im Raum – wie soll das funktionieren, wie kann ich die in den Sitzungen erfahrene Veränderung beibehalten, wie kann ich verhindern, dass ich wieder in alte Gewohnheiten zurückfalle?
In kleinen Schritten zur Carnegie-Hall
Der berühmte New Yorker Schmäh – „Wie komme ich zur Carnegie-Hall? Üben, üben, üben.“ Trifft es recht gut. Ohne dranbleiben spielt es nichts. Die gute Nachricht – die Werkzeuge sind immer die gleichen: bemerken – verstärken – loslassen (dazu gibt es einen Blog, der diese Schritte genauer beschreibt). Wenn Du es schaffst, zu bemerken, dass Du Deinen Zustand kreierst, ist das schon die halbe Miete. Deswegen üben wir in den Sitzungen immer wieder, deine Trigger zu erkennen und deinen Zustand bewusst wahrzunehmen. Du lernst ihn jedes Mal noch genauer kennen – jedes kleine Detail, jeder Baustein, jede Ebene ist wichtig und bietet Dir die Möglichkeit ihn auch im Alltag zu erkennen. Also auch wenn rundherum viel los ist und du nicht in dem geschützten Rahmen deiner Sitzung mit ihm konfrontiert bist – sondern draußen in der Hektik. Egal welches Detail deines Zustands du bemerkst, die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass da, wo ein Detail davon vorhanden ist, auch die anderen nicht weit sind. Und wenn Du dir dessen bewusst bist, dann kannst Du auch entscheiden, wieder auszusteigen. Mit jedem Atemzug wieder aufs Neue. Es ist also nichts verhaut, wenn Du in deinem Alltag, in dem deine Aufmerksamkeit und Energie auf vielfältige Weise gefordert ist, nur wenige Augenblicke nachdem Du den Zustand losgelassen hast – deinen Körper wieder als solchen wahrnimmst, wieder in der Realität, im Hier und Jetzt bist – gleich wieder im Zustand landest.
Übung macht den Meister – die Meisterin
Du kannst Dich also freuen, wenn Du häufig wieder im Zustand landest – je öfter du hineinkrachst, desto öfter hast du die Chance zu üben, wieder auszusteigen, den Zustand wieder loszulassen. Und wie gesagt, die Werkzeuge sind denkbar einfach: bemerken, entscheiden, dass Du aussteigen willst, wieder atmen lassen, und deinen Körper wieder spüren. Du brauchst Dich dafür nicht auf eine Liege legen und präzise hinspüren, wie genau du die Schulter nun hochziehst, und was genau du mit deinem Unterbauch machst, und woran dich die Atmosphäre erinnert, die dich plötzlich umgibt. Die Details sind für das Lernen in den Sitzungen, und wenn Du wirklich ein spezifisches Training machst (also wenn Du z.B. mit einer Liste von Situationen übst, die dich triggern). Und sie dienen im Grunde alle dazu, deine Möglichkeiten zu verbessern, im Alltag zu „stoppen“ (d.h. den Zustand loszulassen). Wenn Du für ein Training-Training Zeit hast – großartig. Ich kann Dich dabei unterstützten, dir Tipps und eine Anleitung dafür geben. Aber das wichtigste ist, dass Du dich in Alltagssituationen – wenn du in dein gewohntes Fahrwasser hineingleiten möchtest – immer wieder dafür entscheidest, das nicht zu tun. Sondern stattdessen zu atmen, Gewicht abzugeben, deinen Körper zu spüren, und zuzustimmen das zu spüren, was du mit deinem Zustand zu vermeiden suchst – also meistens Angst, Aufregung, Wut, und Schmerz oder eine Mischung daraus.
Was Du tust, um Deinen Köper wieder als einen lebendigen, saftigen, neugierigen Organismus wahrzunehmen ist Dir überlassen – ich sage immer – „whatever works!“. Und natürlich hängt es auch von der Situation ab – wenn du in einem Meeting mit Vorgesetzten sitzt, dann wirst Du wahrscheinlich nicht aufspringen wollen, um kurz ein paar wilde Tanz-Moves aufs Parkett zu legen – dann spürst du einfach dein Gesäß auf der Sitzfläche, drückst vielleicht die Füße in den Boden, reibst die Hände aneinander – atmen geht auf jeden Fall, man kann auch geräuschlos tief atmen. Und du kannst jederzeit auf die Toilette gehen und dort hindert dich nichts an einem kurzen Durchschütteln , Aufstampfen oder Abklopfen deines Körpers.
Bei Fußübungen ist es ähnlich – natürlich ist es sinnvoll, täglich ein paar Minuten für spezifische Übungen – z.b. für dein Quergewölbe – zu verwenden. Aber am Wichtigsten ist es, dein Quergewölbe im Alltag ansteuern zu können. D.h. je früher du beginnst, im Alltag zu „trainieren“ desto besser. Dazu brauchst du nicht zu warten, bis du in einem Zustand bist den du wieder loslässt, sondern du designierst eine gewisse Gehstrecke (Treppen sind besonders geeignet) dazu, dass Du – z.B. einen Halbstock den rechten Fuß und einen Halbstock den linken Fuß beübst. Und dann entspannst du dich wieder und gehst ganz normal deinen Tätigkeiten nach.
Verschriftlichen
Wie im Newsletter angekündigt, werde ich mir in den nächsten Tagen die Zeit nehmen, über das kommende Jahr nachzudenken. Nicht so sehr, um klassische Neujahrsvorsätze zu fassen – davon bin ich abgekommen. Mehr in der Art, dass ich mir überlege, worauf ich meinen Fokus legen möchte im kommenden Jahr. Und ich werde das aufschreiben. Weil ich es sonst möglicherweise vergesse. Eines meiner fortlaufenden Projekte ist es, regelmäßig Sport und Krafttraining zu machen. Seit ich diese Trainingstermine fix in meinem Kalender stehen habe, schaffe ich es sehr viel häufiger, die Termine -z.B. auf der Usi – auch wirklich wahrzunehmen. Wenn Du Dich also fragst, wie Du eine erreichte Veränderung, etwas Gelerntes in deinen Alltag integrieren kannst – probier das mal. Schreib auf, was die Veränderung ist, was Du gelernt hast (oder noch lernen willst); wenn du extra Motivation brauchst, schreib auch dazu, warum du die Veränderung beibehalten möchtest: wie genial sich dein Körper anfühlt, wenn er frei von deinem Zustand ist, wie klar du bist, wie ruhig, erwachsen, gelassen – und dann wähle – wie bei den Fußübungen – eine „Gehstrecke“ – d.h. wähle eine Situation, die regelmäßig auftritt, in der du konsequent aufmerksam bist auf die Zustands-Details und in der Du immer wieder aussteigst. Oder Du wählst eine Zeitspanne pro Tag, in der Du auf Trigger achtest und deinen Zustand immer wieder loslässt. Wie gesagt – whatever works. Und wenn Du ein auf dich abgestimmtes Training möchtest – zusätzlich zu diesem Integrieren im Alltag – dann gib mir Bescheid und wir machen was.
In jedem Fall wünsche ich Dir viel Spaß und Erfolg beim Üben und ein großartiges neues Jahr!
Jetzt erst recht!
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