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Wie Ihr vermutlich wisst, habe ich gleich nach meiner Ausbildung zur Heilmasseurin die Ausbildung zur Therapeutin für integrative Fasziopathie begonnen. Also, wie so oft in meinem Leben begann ich mal damit – unter dem Motto – na gut, das klingt interessant, ich schau mir das einmal an. Um dann ganz schnell total angefixt zu sein und mehr und mehr einzutauchen in dieses total spannende, intensiv beforschte Feld.

Was sind Faszien eigentlich?

Faszien bestehen aus Zellen (neben Fibroblasten auch Myofibroblasten, die fähig sind, sich zu kontrahieren!), Fasern (u.a. Kollagen), und Grundsubstanz (bestehend aus Wasser, Salzen und verschiedenen Eiweißkörpern).

Faszien bilden ein Gerüst für den Körper, sie sind das Bindegewebe, das unseren Körper zusammenhält. So ist jeder Muskel von einer Faszienschicht umgeben (das glänzende Häutchen, dass auch ein Hühnerfilet umgibt), jeder Knochen „schwimmt“ in einer Faszienhülle, auch die inneren Organe sind von Faszien umhüllt und mit ihrer Hülle am Bewegungsapparat befestigt. Bindegewebe polstert und umgibt die Organe und ermöglicht die erforderliche Bewegung zwischen den Organen. Die Nieren bewegen sich z.B. bei jedem Atemzug auf und ab – diese Bewegung unterstützt auch die Filterfunktion, die sie haben. Magen und Darm haben neben der Bewegung, die mit der Atmung gekoppelt ist auch eine Eigenbewegung, die für eine gute Verdauung nötig ist – Bindegewebe füllt die Zwischenräume zwischen den Organen aus und verhindert so Reibung und Druck.

Nerven, vom Körper als besonders schützenswert angesehen, haben überhaupt gleich mehrere Faszienhüllen. Diese Hüllen der Nerven bilden eine durchgehende Verbindung von der Hirnhaut bis zu den peripheren Nervenendigungen.

Entfernt man alle Muskeln, Knochen, und Organe aus dem Körper, bleibt eine Fasziengestalt übrig, die immer noch die Form des jeweiligen Individuums darstellt.

Was ist so besonders an Faszien?

Das geniale an Faszien ist z.B., dass sie je nach Bedarf die Muskeln sowohl verbinden, als auch trennen. Wollen wir z.B. den Arm gerade nach hinten strecken, dann arbeiten die Muskeln, die diese Bewegungsrichtung ausführen getrennt von denen, die ihn z.B. zur Seite bewegen. Möchten wir jedoch schräg diagonal nach hinten greifen, müssen diese beiden Muskelgruppen, die für die Bewegung nach hinten bzw. zur Seite zuständig sind gemeinsam arbeiten. Vermittelt wird das über sogenannte Faszien-Septen – einmal trennen sie, einmal „kleben“ sie die Muskelnkompartments zusammen.

Faszien enthalten auch wirklich viele Rezeptoren für Wahrnehmung – ca. 6x so viele, wie z.B. in der Muskulatur angesiedelt sind. Faszien sind daher besonders empfänglich für Reize, die über manuelle Techniken auf sie einwirken. Dabei geht es darum, den Körper aufzufordern, hinzuspüren und neu zu kalibrieren, ob z.B. die Spannungsverhältnisse wirklich optimal sind, oder doch verändert gehören, um wieder eine optimale Bewegungsführung zu ermöglichen.

Bindegewebe hat auch eine wichtige metabolische Funktion – Bestandteile aus dem Blut diffundieren durch es hindurch zu den Zellen und Geweben – Abfallprodukte gelangen in umgekehrter Richtung zu den Blutkapillaren. Es ist entwicklungsgeschichtlich das älteste Abwehrsystem und reagiert noch vor dem Immunsystem auf pathogene Eindringlinge. Und es stellt die Grundlage für die Wundheilung dar. Faszien dienen als Wasserspeicher und wandeln Druck- in Zugkräfte um (Tensegrity).

Integrative Fasziopathie und die Frage nach dem Warum

Was Faszien alles können und tun ist also ziemlich cool. Nicht weniger cool ist der strukturierte Ansatz, den Andreas Haas, der Begründer der integrativen Fasziopathie entwickelt hat. Viele meiner Fragen nach dem Warum, die ich als Grinberg-Praktikerin und als Heilmasseurin hatte, werden damit beantwortet. Diese Methode gibt uns Werkzeuge in die Hand, mit denen wir auf diese Frage mögliche Antworten finden können und dann zumindest die Möglichkeit im Raum steht, etwas Konstruktives für den Körper zu tun. Denn die Frage nach dem WARUM halte ich für absolut essentiell, um wirklich nachhaltige Veränderungen anstoßen und den Körper bei seinem Versuch, ins Gleichgewicht zu kommen optimal zu unterstützen. Und nicht einfach zu kapitulieren und z.B. eine Hüftkopfnekrose als gegeben hinzunehmen. Vielleicht könnte man ja die OP der zweiten Hüfte verhindern, wenn man herausfindet, warum die erste nekrotisch geworden ist, warum also in der Gefäßversorgung der Hüfte etwas schiefgelaufen ist.

Ein strukturierter Weg

Beginnen tut jede Behandlung mit einer ausführlichen Anamnese. Und ich meine – ausführlich! Dann geht es weiter mit der Phänomenologie der Beschwerden, mit denen Du Dich herumplagst – das war eine der ersten großen Euphorien, als ich in dieser Ausbildung endlich den Sinn all dieser Fragen verstand, die wir auch in anderen Ausbildungen zu fragen gelernt hatten: wie fühlt sich der Schmerz an, wann tritt er auf, was macht es schlechter, was macht es besser, wie geht es Dir mit dem Schlaf, der Verdauung, der Menses, ……

Jetzt sind all diese Informationen endlich wirkliche Hinweise und nicht nur zu sammelnde Informationen. Denn wenn du mit Ellenbogenschmerzen kommst, und der Schmerz bei Bewegung besser wird und in Ruhe schlechter, dann ist das ein Hinweis, dass die Ursache im Nervensystem liegt. Macht Bewegung schlechter, und du kannst den Schmerz genau lokalisieren – und im wahrsten Sinne des Wortes den Finger darauflegen, dann liegt die Ursache eher im Bewegungsapparat. Ist der Schmerz ein Anlaufschmerz und wird besser, sobald du dich warmgelaufen hast, dann ist es ein Hinweis auf passiven Bewegungsapparat, sprich Gelenk. Ist der Schmerz einmal so und einmal so, dann ist das ein Hinweis auf Organsystem. Und ja – auch ein Organproblem kann einen Ellenbogenschmerz verursachen. Je nach Hypothese wird das jeweilige System getestet: mit Bewegungstests, Test für Nerven-Sensibilität oder den Nerven-Plexus, Tests für die Anheftungen der Organfaszien am Bewegungsapparat, Tests für das Vegetativum. Ist der Test für das System, das laut Anamnese die Ursache für deine Beschwerden zu sein scheint positiv, dann behandle ich dieses System.

Und wenn der Test nicht auffällig ist, sprich, die Hypothese bestätigt sich nicht, dann gehen wir zurück in die Anamnese und ich bohren noch tiefer. Weil es ist ganz oft so, dass Menschen Unfälle oder sogar Operationen vergessen zu erwähnen, solange sie keine Beschwerden machen.

Und wenn alles für das gewählte System als Ursache spricht und der Test auffällig war und ich dich nach bestem Wissen und Gewissen behandle und Du nach der Behandlung eine „Erstverschlechterung“ erlebst – und plötzlich etwas aufpoppt, eine Beschwerde, die du zwar von früher kennst, die nun aber jahrelang ruhig war, dann ist das eine ganz wichtige Zusatzinformation. Weil dann hat zwar alles gepasst mit der Hypothese und der Behandlung – aber es gibt ein anderes Thema, dass die eigentliche Ursache für das Problem am Ellbogen ist – und das gehört zuerst behandelt. Solche Kompensationen – d.h. ein Körperbereich übernimmt und unterstützt die Funktion eines anderen Bereichs, der ein Problem hat – sind sehr häufig. Und Hinweise darauf, dass wir es mit einer Kompensation zu tun haben, und uns zunächst um den kompensierten Bereich kümmern müssen, sind eben z.B. die berühmten Erstverschlechterungen, oder auch immer wiederkehrende Rezidive, d.h. die Beschwerde wird zwar immer besser nach einer Behandlung, aber früher oder später kommt sie wieder zurück.

Es gibt auch Tests, um entscheiden zu können, ob der Bereich, der kompensiert, ebenfalls behandelt werden muss, oder zunächst mal in Ruhe gelassen werden kann.

Neben Kompensationen gibt es Ursache-Folge-Ketten – z.B. ein Umknicken im Sprunggelenk führt dazu, dass du hinkst und dann fängt das Knie an zu spinnen und dann die Hüfte – alles auf derselben Seite und in derselben Bewegungsrichtung. Erkennbar ist so eine Kette ebenfalls durch eine genaue Anamnese und durch Palpation und oder einen Ketten-Test. Behandelt man bei einer Kette nur das Sprunggelenk, dann wird es nicht vollständig greifen. Behandeln wir die ganze Kette, dann kommt es schneller zu einer Besserung.

Der Ablauf ist also immer in Grundzügen klar: Anamnese, Phänomenologie, Hypothese, Test, Behandlung. Ganz wichtig ist dann dein Feed-Back – sprich, was passiert in den Ersten 1 – 2 Tagen nach der Behandlung. Dazu gehört auch ob Du plötzlich sehr müde warst, sehr gut oder sehr schlecht geschlafen hast, durstig warst, etc. All diese Information fließt in den weiteren Behandlungsplan ein. Wenn es ganz viele Baustellen gibt und es schwierig ist, eine klare Hypothese aufzustellen, dann ist auch noch nichts verloren – es gibt vier Möglichkeiten, wo wir beginnen können: nach Historie (was war als Erstes da, was ist die älteste Beschwerde?), Disposition (wo liegen die Ressourcen deines Körpers, wie können wir die stärken), Hierarchie (das Vegetativum ist in der Hierarchie ganz oben, der Bewegungsapparat bildet die Basis) und Dominanz (was ist derzeit das vorrangigste Problem).

Die Faszientherapie ist sicher kein Zaubermittel – Beschwerden, die seit Jahren bestehen werden wir auch mit diesen großartigen Werkzeugen nicht im Handumdrehen beseitigen können. Und diese Form der Therapie benötigt – wie auch ein Lernprozess nach der Grinberg Methode – eine intensive Zusammenarbeit von uns beiden, die regelmäßig stattfindet. Ich frage Dir Löcher in den Bauch, Du musst auch nach den Sitzungen aufmerksam auf Dich sein und Dir merken, wie Dein Körper auf die Behandlung reagiert. Und höchstwahrscheinlich bekommst Du auch eine Hausübung von mir. Aber die Möglichkeiten sind da. Und faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Nicht umsonst habe ich auch dieses Wochenende wieder mit einem weiteren Modul der Integrativen Fasziopathie verbracht. Und wieder einmal gesehen, wie viel es noch zu lernen gibt, und wie viele möglichen Zusammenhänge zu beachten sind. Und manchmal ist es überwältigend immer wieder zu erkennen, wie wenig ich noch weiß. Und dann erinnere ich mich an meine Freude daran, das WARUM zu erkunden. Und mache weiter. Im ersten Quartal 2024 gibt es daher ein spezielles Angebot für alle Faszien-Klient*Innen. Mehr dazu im Jänner 2024 Newsletter.

Und wenn Du mehr über Faszien wissen möchtest – hier im Fascia.Center gibt es zahlreiche z.Tl. kostenfreie Webinare.

 

 

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