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Foto: Cora K. Hiebinger

Vor 2,5 Jahren hatte ich meinen ersten „Wake-Up-Call“ in Sachen Schlaf. Der mich zum Blog-Artikel „Ausgeschlafen ist das neue Cool“  veranlasste und meine Einstellung zum Schlafen grundlegend verändert hat. So bin ich dann während meines Praktikums im physikalischen Institut mit Arbeitsbeginn 6:30 auch wirklich brav um 21h ins Bett gegangen, um auf die nötigen 8h Schlaf zu kommen.

Das ist gleich einer der Punkte, die Matthew Walker, Professor für Neurowissenschaften und Psychologie an der Berkley Universität, in seinem Buch als unumstößliche Tatsache in den Raum stellt: als Mensch brauchen wir täglich ein Minimum an 8 Stunden Schlaf. Er meint, dass alle diejenigen, die behaupten mit weniger auszukommen, die Auswirkungen, die ihr konstanter Schlafmangel auf sie hat ganz einfach nicht (mehr) bemerken. Mir fallen einige Leute ein, denen ich dieses Buch ans Herz legen möchte aber im Grunde sollten es wirklich alle, alle, alle lesen.

Die gute Nachricht ist, dass Prof. Walker nicht nur gut vortragen kann, wie er im TED-TALK „Sleep is your superpower“beweist, sondern seine wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten 20 Jahre auch ausnehmend spannend und durchwegs kurzweilig zu Papier gebracht hat.

Spinnen spinnen unter Kaffeein-Einfluss

Einige der Highlights. Die Abbildung von Netzen die Spinnen unter dem Einfluss verschiedener Drogen bauen lässt mich meinen Kaffeekonsum überdenken.

Spinnennetze unter Drogeneinfluss

Kaffeein besetzt Rezeptoren, die normalerweise von Adenosin besetzt werden, um – neben der inneren Uhr – dem Hirn zu suggerieren, dass es Zeit ist ins Bett zu gehen. Die Konzentration von Adenosin steigt mit jeder Stunde, die wir wach sind – und damit unser Bedürfnis zu schlafen (=Sleep pressure). Hirnareale, die Wachheit unterstützen werden heruntergeschaltet, Schlaf-induzierende Areale hochgekurbelt. Kaffeein überdeckt die Schlafsignale und vermittelt uns spätestens 30 min nach dem doppelten Espresso wach zu sein. Allerdings ist seine Halbwertszeit 5 bis 7h, d.h. wenn du nach dem Abendessen um 19:30 Kaffee trinkst, sind um 1:30 in der Früh immer noch 50% des Kaffeeins in deinem Hirn aktiv. Und entkoffeinierter Kaffee enthält immer noch 15 bis 30% der Dosis eines normalen Kaffees.

Ein Plädoyer für den Mittagsschlaf

Statt dem Kaffee nach dem Mittagessen (oder gar Abendessen) sollten wir wohl besser ein Nickerchen nehmen. Unser monophasische Ansatz (eine längere Schlafphase in der Nacht) ist wohl nicht, was unsere Biologie im Sinn hatte: Jäger- und SammlerInnen-Gesellschaften wie die San in der Kalahari schlafen immer noch 7-8h in der Nacht und 30 – 60 min am Nachmittag. Eine Studie der Harvard Universität untersuchte den Einfluss auf die Gesundheit, den die Aufgabe der Siesta in Griechenland mit sich brachte: 23 000 Erwachsene zw. 20 und 83 Jahren wurden über 6 Jahre hinweg untersucht. Diejenigen, die die Siesta aufgaben, hatten ein um 37% erhöhtes Risiko, an Herz-Kreislauferkrankungen zu sterben.

Prof. Walker schreibt:

„Apparent from this remarkable study is this fact: when we are cleaved from the innate practice of biphasic sleep, our lives are shortened. It is perhaps unsurprising that in the small enclaves of Greece where siestas still remain intact, such as the island of Ikaria, men are nearly four times as likely to reach the age of ninety as American males. These napping communities have sometimes been described as „the places where people forget to die.“ From a prescription written long ago in our ancestral code, the practice of natural biphasic sleep, and a healthy diet, appear to be the keys to a long-sustained life.“

Schlafverhalten im Laufe des Lebens

Im Kapitel 5 geht es weiter mit Infos darüber, wie sich der Schlaf während des Lebens verändert. Wusstest du z.B., dass Babys nicht wach sind, wenn die werdende Mutter einen Ellbogen oder ein Knie-Kick bekommt, sondern im REM-Schlaf? Bei Erwachsenen ist während der REM-Phase keine Bewegung möglich, um uns während des Träumens zu schützen – aber bei Ungeborenen ist das System noch nicht ganz ausgereift. Im letzten Trimester sind die Babys dann 2 – 3h pro Tag wach – und die REM-Phase steigt auf bis zu 9h pro Tag – und wirkt wie ein elektrischer Dünger, um eine Unmenge an neuronalen Pfaden und Synapsen anzulegen. Bei Teenagern stehen dann die NREM-Phasen im Vordergrund und es wird ab- und umgebaut für mehr Effizienz. Während des Umbaus ist das Hirn wenig rational und umso risikofreudiger. Gleichzeitig ändert sich der zirkadiane Rhythmus. Teenager sind viel später müde als Erwachsene oder Kleinkinder – und schlafen dafür bis in die Puppen. Sie können aber nichts dafür. Mit dem Älterwerden verschiebt sich der zirkadiane Rhythmus wieder immer mehr nach vorne – ältere Menschen werden früher müde – d.h. aber nicht, dass sie plötzlich weniger Schlaf brauchen, der Schlaf funktioniert nur leider oft nicht mehr so gut.

Gedächtnis, Lernen und Alzheimer

Willst Du Dein Gedächtnis jung erhalten brauchst du Schlaf. Mehrere Experimente zeigten, dass Schlaf die Merkfähigkeit um 20 bis 40% verbesserte. Neugelerntes wird zunächst im Kurzzeitgedächtnis (Hippokampus) gespeichert – die langsamen Gehirnwellen des NREM-Schlafs transportieren die Informationen dann in den Neocortex – die Langzeit-Aufbewahrungsstelle für fakten-basierte Erinnerungen. Gleichzeitig wird das Hirn während der NREM-Phase in zerebrospinaler Flüssigkeit gebadet – sozusagen kommt die nächtliche Reinigungs-Mannschaft, um metabolischen Abfall abzutransportieren. U.a. Amyloid Proteine – giftiger Müll der mit Alzheimer assoziiert wird.

Weitere Risiken von konstantem Schlafmangel

Falls Du noch nicht überzeugt bist, dass ausreichend Schlaf – sprich 8h Schlaf – unumgänglich ist:

  • Die Anzahl von Unfällen, die durch übermüdete LenkerInnen verursacht werden übertreffen die aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum. Das Problem: Übermüdung die zu Sekundenschlaf führt verlangsamt deine Reaktionsfähigkeit nicht nur, du hast keine mehr.
  • Ungesunder Schlaf – ungesundes Herz: 6h Schlaf oder weniger führt zu einem bis zu 500 % erhöhten Risiko einen Herzstillstand zu erleiden.
  • Schlafmangel bringt das sympathische Nervensystem (für Flucht und Kampf zuständig) in ständigen Overdrive – mit allen negativen Konsequenzen.
  • Je weniger Schlaf, desto höher die Wahrscheinlichkeit, sich z.B. eine Erkältung zu holen. Oder an Krebs zu erkranken
  • Schlafmangel erhöht die Wahrscheinlichkeit zuzunehmen, übergewichtig zu sein oder Typ2 Diabetes zu entwickeln – weil der Blutzucker nicht mehr gut gemanagt wird und weil Appetit-Hormone (Leptin und Ghrelin) die Hungerkontrolle stören. Außerdem wird bei einer Diät statt Fett Muskelmasse abgebaut.

Weitere Goodies, die ausreichender, gesunder Schlaf mit sich bringen sind emotionale Gesundheit (Kapitel 10: „Träumen als nächtliche Therapie“) und Kreativität. In einem Artikel in „Sleep“ findest du unter Associated Data – Supplementary Materials einen kurzen Fragebogen, um festzustellen, wie es um deine Schlafgesundheit bestellt ist. Falls du bisher kürzer als regelmäßig 8h geschlafen hast – vielleicht inspiriert dich mein Blog-Artikel zu mehr Schlaf, oder dazu, das Buch zu lesen (Why We Sleep oder Das große Buch vom Schlaf), dass du dir jederzeit bei deiner Buchhändlerin holen kannst. Ich habe es bei Anna Jeller gekauft – nicht nur die Buchhandlung meines Vertrauens, sondern auch die Buchhandlung mit dem schönsten Schaufenster.

Wenn Du noch mehr Motivation brauchst, Dir Gutes zu tun, oder dein Schlafverhalten zu verbessern – das Weihnachts-Special bietet NeukundInnen 4 Sitzungen zum Preis von 2. Oder – neu im Programm – ein Gutschein für eine EiEi-Entspannungs-Massage, nach der du vermutlich wie ein Baby schläfst.

 

 

 

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