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Foto: Cora K. Hiebinger

Wie wir unser Hirn dazu bringen können, stiller zu sein.

Viele meiner KlientInnen geben als eines ihrer Ziele für ihren Lernprozess an, mehr Stille haben zu wollen, frei zu sein von dem „Gequatsche da oben“. Und in jedem Lernprozess geht es immer auch irgendwann um Glaubenssätze, die KlientInnen ablegen möchten, weil sie sie daran hindern, ihr volles Potenzial zu leben. Weil die ewige Leier, die sich gebetsmühlenartig wiederholt ihnen Dinge madig macht („Das hat er sicher nur gesagt weil,……“, „Alle anderen haben es aber noch besser gemacht“) oder sie gar gleich davon abhält etwas zu tun („Das wird sowieso wieder nichts“, „Ich kann das sicher nicht“).

Oder dein Verstand fühlt sich bemüßigt, jede Kleinigkeit in deiner Umgebung umgehend zu kommentieren („Wie kann man nur diese Farbkombination tragen?“, „Er bräuchte auch dringend einen Haarschnitt.“) – oder Du hast gar eine Diskussion mit einer nicht anwesenden Person im Kopf – eine zukünftige, oder ein Relaunch eines Gesprächs in der Vergangenheit, bei der du bereits Gesagtes durch verschiedene andere Antwortmöglichkeiten ersetzt und dir überlegst, was dein Gegenüber dann vielleicht gesagt hätte und wie die Unterhaltung dann möglicherweise ausgegangen wäre.

Es ist zermürbend, ständig von einer Kakophonie von Sätzen und Satzfetzen bedrängt zu werden, die sich vehement Gehör zu verschaffen suchen und unsere Aufmerksamkeit immer wieder locken – wie die Sirenen Odysseus. Irgendwann hat man ihnen nichts mehr entgegenzusetzen, weil sie uns glauben machen, dass das, was der Kopf da von sich gibt auch wirklich der Wahrheit entspricht. Und so glaubst du vielleicht im Endeffekt wirklich, dass du es niemals schaffen wirst, dass du nicht gut genug bist, dass die Welt ungerecht und gemein zu Dir ist.

Körperaufmerksamkeits-Training ist eine Möglichkeit, mehr Stille zu erreichen. Die folgenden Schritte sind Teil eines solchen Trainings:

Verantwortung übernehmen

Vor kurzem beklagte sich eine KlientIn in einer Sitzung, dass das Gerede ihres Kopfes so unendlich lästig sei. Auch ich kann mich erinnern, dass ich einmal zu meiner Praktikerin meinte, „mein Kopf sagt das aber“. Unser Hirn ist nun mal so gewickelt, dass es „denkt“ (bzw. „quatscht“). Das kann von kreativen Ideen und genialen Lösungsansätzen bis zu irrelevantem, stupidem Gefasel reichen. D.h., unserem Hirn, unser Kopf ist nicht wirklich „schuld“ wenn es Gefasel ist. Es tut, was es eben tut, was in seiner Natur liegt. Es liegt an uns, ihm die Richtung vorzugeben, in die es gehen soll. Und das hat ganz viel mit Aufmerksamkeit zu tun.

Dich Entscheiden

Will man einen Welpen erziehen, und ihm z.B. beibringen die Kommandos „Sitz“ oder „Platz“ zu befolgen, muss man ihn positiv verstärken – d.h. ihm ein Leckerli geben, wenn er tut, was man von ihm will – d.h. wenn er bei „Platz“ auf dem Boden liegt. Ist man nicht aufmerksam genug und gibt ihm das Leckerli erst wenn er schon wieder aufgestanden ist oder manchmal gar nicht, wird er es wohl nicht so schnell lernen.

Will ein Kind mehr Aufmerksamkeit und fängt an, vor anderen herumzufuchteln oder zu bitzeln, um etwas zu erreichen – und bekommt dann auch wirklich was es will, wird er oder sie diese Strategie beibehalten und verfestigen. Das Ziel von Aufmerksamkeit bekommen ist ja erreicht worden. Funktioniert das jedoch gar nicht, wird sich die Person eine andere Strategie überlegen.

Wollen wir also mehr Stille im Kopf, müssen wir ihn konsequent „erziehen“. Wir müssen aufhören, Gequatsche, Gefasel, Negativspiralen Aufmerksamkeit zu schenken. Wollen wir Glaubenssätze nicht mehr glauben, weil sie destruktiv sind und uns behindern, dann müssen wir uns entscheiden, dass wir ihnen keinen Glauben mehr schenken. Es gibt sicher genug Menschen (z.B. PolitikerInnen) die dir spontan einfallen, denen du kein Wort glaubst, wenn sie den Mund aufmachen. Genauso kannst du entscheiden, ausgedienten Glaubenssätzen oder Schlussfolgerungen nicht mehr für bare Münze zu nehmen. Diese Entscheidung gilt es dann immer wieder von Neuem zu treffen. Weil nur weil du etwas einmal gemacht hast hast du es noch nicht gelernt und verändert.

Atmen und deinen Körper spüren

Der Kopf wird wie gesagt nicht einfach aufhören, Sätze auszuspucken, zu kommentieren, zu bewerten oder mit sich selbst zu diskutieren. Aber je öfter du dem, was du schon nicht mehr hören kannst keine Aufmerksamkeit mehr schenkst, desto früher wird Stille einkehren – und Raum geschaffen für Neues, Kreatives, für wirkliche Ideen. So wie es beim Meditieren das Werkzeug gibt, Gedanken zu bemerken, sie zu benennen – ”aha, denken“ – und deine Aufmerksamkeit wieder auf deine Atmung zu richten, so kannst du auch im Alltag bemerken, dass deine Gedanken in eine Richtung gehen, in die du nicht mehr gehen willst (z.B. weil du dich oder andere bewertest), entscheiden, so nicht denken zu wollen oder das nicht glauben zu wollen und dann deine Aufmerksamkeit auf deine Atmung und deinen Körper zu richten, statt sie mit den Gedanken mitgaloppieren zu lassen. Zu Beginn so eines Trainings ist es durchaus hilfreich, sich Unterstützung zu holen, um den Körper besser spüren zu können und die Aufmerksamkeit lenken zu lernen. Das kann in Form von Sitzungen sein, in der einE PraktikerIn als zweite Person die Aufmerksamkeit verdoppelt, oder du hilfst dir mit Übungen oder Bewegung dabei, deinen Körper präsenter zu machen und besser zu spüren: und im Grunde ist es dann einerlei, was genau du tust, solange du es mit deiner vollen Aufmerksamkeit, mit bewusster Atmung und mit der Intention tust, dich als Körper besser spüren zu können und mehr Stille zu erlangen.

Wie immer du diesen Weg zu weniger Lärm gehen möchtest, es ist auf jeden Fall ein sehr lohnendes Ziel. Und wie bei jeder neuen Fertigkeit wirst du durch regelmäßiges Üben schon bald Fortschritte erzielen. Der Genuss, den selbst relative Stille beschert ist jedenfalls unbezahlbar. Du wirst es selber sehen, wenn du dein Hirn „erziehst“.

 

 

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