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Foto: Cora K. Hiebinger

Random Acts of Kindness als sanfte Revolution

Neulich habe ich folgenden Post auf FB gelesen:

„While much of America seems to be getting more and more divisive, I’m going to be holding doors for strangers, letting people cut in front of me in traffic, greeting all I meet, exercising patience with others, and smiling at strangers.“

Dazu passend die Rede unseres Bundespräsidenten Alexander van der Bellen zum Nationalfeiertag, der da sagte:

„Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. Lassen wir uns nicht einreden, Mitgefühl zu zeigen, sei weltfremd. Lassen wir uns nicht einreden, ausschließlich an sich selber zu denken sei das einzig Kluge, Realistische und die eigentlich wünschenswerte Norm. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Normen sich verschieben und wir stumpf werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Recht des Stärkeren das Maß aller Dinge wird.“

Wir haben die Wahl

Beide Zitate beziehen sich auf die realistische Möglichkeit eine Wahl zu haben. Eine Wahl nicht nur an der Urne (das ist Anfang November für die AmerikanerInnen relevant), sondern auch die Wahl, wie wir sein möchten. Was wir tun, oder eben nicht tun wollen. Was wir aussprechen, und was wir für uns behalten. Wie wir etwas sagen und welche Wörter wir verwenden – oder eben nicht. Und selbst wenn unsere Gedanken oft einfach wie aus dem Nichts aufzutauchen und völlig außerhalb unserer Kontrolle zu liegen scheinen, können wir auch hier entscheiden wie viel Aufmerksamkeit wir einem Gedanken geben, wie sehr wir uns mitreißen lassen in eine Richtung – oder eben nicht.

Unsere Wahlmöglichkeiten scheinen in der heutigen Zeit immens – gab es früher ein Joghurt von der Molkerei des Bundeslandes, kann man jetzt in jedem ADEG verschiedene Marken und Sorten erstehen, vielleicht eigentlich vom selben Anbieter, aber das ist oft schwer zu durchschauen. Billigsttarife ermöglichen es jedeR von uns, auch im kommenden Jahr wieder eine Fernreise in ein exotisches Land zu buchen. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten aller eingeschränkt mit jedem vermüllten Strand, jedem Grad Klimaerwärmung, jeder ausgestorbenen Spezies, jeder versiegten oder an Nestlé verkauften Wasserquelle.

Widerstand

In letzter Zeit habe ich mich vermehrt von meiner Empörung über den Status der Welt, – darüber, was politisch bei uns und auch anderswo passiert, wie sehr die Wahrheit verdreht wird und wir alle für dumm verkauft werden, wie nonchalant von den Mächtigen Gesetze gebrochen werden und die mit einem Klaps auf die Hand „bestraft“ werden und wie wenig die wirklich bedrohlichen Themen  – z.B. die des Klimawandels – angegangen werden – mitreißen lassen. Das hat mich viel Energie gekostet und meinen Stresslevel in ungesunde Höhen geschraubt. Ich stelle mich hiermit dieser Realität und der Tatsache, dass ich meine Ressourcen damit überstrapaziere und ich so nicht weitermachen kann.

Dafür Sein

Auch wenn ich mir vermutlich weiterhin die Haare raufen, wenn ich den 10. SUV des Tages mit laufendem Motor stehen, oder die mit 0,25l Einweg-Plastikflaschen überquellenden Mistkübel der Stadt sehe; ich habe beschlossen, mich nicht mehr darin aufzureiben, gegen das alles zu sein, sondern mich noch mehr darauf zu fokussieren, für etwas zu sein. Für etwas, das ich in der Hand habe. D.h., dieses Für heißt, dass ich meinen ökologischen Fußabdruck noch weiter zu verringern suche. Und dass ich – wie in den obengenannten Zitaten beschrieben – mich immer wieder dazu entscheide, freundlich und geduldig zu bleiben, sozusagen als paradoxe Intervention auch zu Leuten, die mir den Vorrang nehmen, sich vordrängen, unhöflich sind.

Und noch öfter wähle, freundlich und höflich zu sein zu Fremden, Türen aufzuhalten, zu grüßen, zu lächeln, das Handy auf lautlos zu stellen und vom Tisch zu räumen, wenn ich mit jemandem dort sitze, den KassiererInnen im Supermarkt Aufmerksamkeit zu schenken, Dinge aufzuheben, die jemandem zu Boden gefallen sind. Zu wählen, mich nicht daran zu gewöhnen, dass das jetzt eben so ist bei uns, dass die Menschen eben so sind, dass ich scheinbar nichts verändern kann. Und mich immer wieder bemühen, meinem eigenen Ideal davon, wie man sein, was man tun soll zu entsprechen. Und wenn ich es wieder einmal nicht schaffe nicht auszurasten im Angesicht großer Präpotenz und Arroganz, auch zu mir freundlich zu sein ob dieses Ausrutschers. Und weitermachen mit dem Dafür-Sein und vielleicht damit kleine, revolutionäre Nester zu initiieren von Freundlichkeit, Respekt, Aufmerksamkeit. Die sich zu einem Netzwerk des Miteinander, des Mensch-Seins verbinden und die Welt durchdringen. Und sie damit verändern. Mit jedeR von uns.

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