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Foto: Doucefleur/shutterstock.com

Oder auch nicht. Warum wir nicht nur im Urlaub mehr auf unseren Schlaf achten sollten.

Vor nicht ganz 2 Jahren hatte ich die Gelegenheit meine Herz-Raten-Variabilität (HRV) messen zu lassen. 30 Stunden lang nahmen 2 Messelektroden Daten auf, während ich arbeitete, Sport trieb, aß, las und schlief.  Elis Sonnleitner, Gründerin von heartrates.at analysierte danach die Messerresultate und erklärte mir die Ergebnisse. Ich war durchaus schockiert zu hören, dass ich meinem Körper laut HRV offensichtlich nicht wirklich ausreichend Erholung gönnte und meine Schlafqualität zu wünschen übrigließ (obwohl mein Schlafmodus in der Regel wie folgt zu beschreiben ist: ins Bett – einschlafen – Wecker – aufwachen).

Ich begann also, mehr auf meinen Schlaf und – eine weitere Anregung von Elis – auf mehr Pausen und zusätzliche Bewegung im Freien zu achten. Ich hatte zwar schon davon gehört, dass das blaue Licht von Computern (Smartphones und TV) den abendlichen Melatonin-Anstieg (unser Schlafhormon) verzögert, mit dem sich der Körper auf den Schlaf vorbereitet. Das hinderte mich aber nicht daran, bis kurz vor dem Schlafengehen am Computer zu sitzen. Interessanterweise nahm ich innerhalb kürzester Zeit 4 kg ab, ohne irgendetwas an meiner Ernährung zu verändern – einfach nur durch mehr besseren Schlaf und einem Minimum von 10 000 Schritten täglich. Wenn ich jetzt ausnahmsweise noch bis spät am Computer arbeite, dann merke ich einen deutlichen Unterschied in meiner Schlafqualität und meinem Energielevel am nächsten Tag.

Mittlerweile hat sich auch meine Einstellung zum Schlaf deutlich geändert. Ich sehe ihn nicht mehr als notwendiges Übel und verschwendete Zeit in der „nichts weitergeht“, sondern als das, was er ist: ein Zustand, in dem der Körper hochgradig aktiv ist und essentielle Dinge erledigt. Im Schlaf verarbeitet, speichert und löscht das Gehirn Informationen und bereitet uns optimal auf den nächsten Tag vor. Schlaf ist also unabdingbar dafür etwas zu lernen und sich danach daran zu erinnern – „den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“ bekommt da gleich eine ganz neue Bedeutung. Ausreichend zu schlafen unterstützt auch andere Organe (z.B. das Herz) und Systeme (Immunsystem), erlaubt die Fettverbrennung und hält unseren Stoffwechsel im Gleichgewicht. Ausgeruht ist es auch leichter, aufmerksam auf Deinen Körper zu sein und unliebsame Reaktionen oder Zustände in den Griff zu bekommen – du hast wenn du ausgeschlafen bist also z.B. auch eindeutig mehr von Deinen Sitzungen (oder sonstigen Lerneinheiten oder Trainings) und nachhaltige Veränderungen können schneller greifen.

Chronotypen

Euclock, ein europäisches Forschungsnetzwerk von ChronobiologInnen, das die zirkadianen Rhythmen in Zellen und Menschen untersucht, bietet einen kurzen Fragebogen, mit dem du Deinen Chronotypen bestimmen lassen kannst. Die große „Normalgruppe“ schläft üblicherweise von 00:15 bis 8:15 Uhr wenn sie darf (d.h. kein Arbeitsbeginn ein früheres Aufstehen erfordert). Dann gibt es die individuellen Lerchen (FrühaufsteherInnen) und Eulen (SpätaufsteherInnen) und ein altersbedingtes Lerchen- und Eulentum. Alle, die kleine Kinder haben oder hatten, wissen, dass die Kleinen erschreckend früh putzmunter sind, Teenager hingegen bringt man zuerst nicht ins und dann nicht aus dem Bett. Im Alter kommt dann wieder die senile Bettflucht – ausgelöst durch Hormone und dadurch, dass unsere Zeitzentrale im Zwischenhirn an Sensibilität verliert und die innere Rhythmik mehr durch äußere Reize – hellem Licht (vor allem vormittags) und Aktivität am Tag – in Schwung gehalten werden muss.

Tatsache ist, dass unsere Gesellschaft kaum auf die individuellen Bedürfnisse und Chronotypen Rücksicht nimmt. Maturabeginn um 7 Uhr früh ist für Teenager, die es ja Großteils betrifft, mehr oder weniger mitten in der Nacht. Und für eine ausgeprägte Eule ist auch eine Gleitzeit von 7 bis 10 Uhr keine ausreichende Hilfe.

Schlafmangel

Du hast es sicher schon am eigenen Leib erfahren – unausgeschlafen zu sein ist – außer man ist frisch verliebt – nicht wirklich prickelnd. Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit ist reduziert, es ist schwieriger sich zu konzentrieren, die Motivation ist enden wollend und oft verstärkt Müdigkeit das Bedürfnis nach Süßigkeiten – und senkt das nach Bewegung. Zuwenig (aber auch zu viel) zu schlafen erhöht z.B. das Risiko, an Diabetes II zu erkranken. Die Unfallgefährdung und Anfälligkeit Fehler zu machen – sowohl im Straßenverkehr als auch in der Arbeit – steigt. Der Schlafforscher Dr. Hans-Günther Weeß schätzt, dass tödliche Unfälle zwei- bis dreimal häufiger die Folge von Übermüdung als die von Alkohol sind. Er weist darauf hin, dass das Reaktionsvermögen durch 17 Stunden Wachheit ebenso gemindert wird wie durch 0,5 Promille Blutalkohol, nach 22 Stunden gar so wie 1,0 Promille.

Professor Till Roenneberg vom Institut für Medizinische Psychologie an der LMU München stellt fest, dass die inneren Uhren der meisten Menschen im Westen nachgehen, weil es zu wenig Differenz zwischen Licht und Dunkelheit gibt (die Lichtintensität in Gebäuden ist tausendmal geringer als unter freiem Himmel). Außerdem verlängern wir den Tag durch künstliches Licht, werden aber trotzdem frühmorgens durch den Wecker geweckt – was zu einem „sozialen Jetlag“ führt. Am Wochenende versuchen wir dann, den Schlafmangel aufzuholen – was nur bedingt gelingt.

Siesta, Powernapping, Inemuri

Der Chronobiologe sieht aber auch das Problem, dass wenig zu schlafen noch immer als erstrebenswert angesehen wird: das heißt, man ist wichtig, leistungsbereit – im Gegensatz zu faul und langweilig weil ausgeschlafen.

Auch die Sieste tagsüber erfreut sich scheinbar nur in südlichen Ländern einer allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz; im Hinblick auf die globale Erwärmung und die Meldung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), dass der vergangene Juni unter die wärmsten Junimonate der 250-Jährigen Temperatur-Messgeschichte in Österreich fällt und in der Endbilanz bis zu 3,7 Grad über dem Mittel liegen könnte, wird eine solche allgemeine Mittagspause vielleicht in den nächsten Jahren auch in Österreich gang und gäbe. Oder wir übernehmen von den JapanerInnen das Inemuri: tagsüber schlafen – egal wann – wird selbst während der Arbeitszeit toleriert – denn wer Inemuri betreibt zeigt der Welt, dass er/sie durch großen Fleiß einen völligen Erschöpfungszustand erreicht hat. Da doch lieber eine genüssliche Siesta – wobei Du darauf achten solltest, dass Dein „Power-Nap“ nicht länger als 20 Minuten dauert, sonst kommst Du leicht in eine Tiefschlafphase und das Aufwachen und Wiedererreichen der vollen Leistungsfähigkeit dauert. Auch eine Tasse starken Kaffees vor dem Nickerchen hilft angeblich, danach sehr rasch wieder wach zu sein (und das Koffein benötigt ca. 20 Minuten, um zu wirken und sollte uns pünktlich aufwecken). Weiters gibt es den Einstein’schen Schlüsseltrick: du nimmst einen Schlüsselbund (oder Ähnliches) in die Hand, wird der Schlaf zu tief fällt der Schlüssel scheppernd zu Boden, weil die Muskelspannung nachlässt – und der Powernap hat genau die richtige Dauer.

Was Du tun kannst

Falls Du ständig hungrig bist und großen Appetit auf fettige, süße Speisen hast, Dir Dinge nur schwer merken kannst und es Dir schwer fällt, Entscheidungen zu treffen, du öfter als sonst stolperst, emotionaler and öfter krank wirst leidest Du vielleicht unter Schlafmangel.

Wenn Du in den nächsten Wochen auf Urlaub gehst, kannst du ja gleich damit beginnen, den versäumten Schlaf nachzuholen. Als regelrechte Schlafkur kannst du abends zu Bett gehen, sobald du müde wirst, keinesfalls einen Wecker stellen oder morgendliche Termine ausmachen, und Dich allenfalls noch einmal umdrehen, wenn du früh aufwachst.

Für den Alltag gilt:

  • Halte einen halbwegs konstanten Schlafrhythmus ein, d.h. abends immer zur gleichen Zeit zu Bett gehen, vor allem wenn Du am nächsten Tag aufstehen musst.
  • Sorge nach Phasen mit großem Stress und wenig Schlaf für Erholungsphasen.
  • Wenn Du bereits gesundheitsbewusst auf ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung achtest – Schlaf und Entspannung sind für Deine Gesundheit und Dein Wohlbefinden genauso wichtig.
  • Geh tagsüber nach draußen. Helles Licht macht dich tagsüber aktiver und leistungsfähiger und sorgt für geruhsamen und tieferen Schlaf in der Nacht.
  • Vermeide spätabends und nachts helles Licht und schalte alle elektronischen Geräte (da ist der Fernseher inkludiert) mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen aus.
  • Achte so weit es geht auf Deinen Chronotyp (siehe Link oben).
  • Sorge für regelmäßige Pausen, ob Nickerchen oder ein kurzer Spaziergang, oder schau mal eine Zeit lang in die Luft.
  • Sorge für regelmäßige, wohlschmeckende, mit Aufmerksamkeit zubereitete Mahlzeiten – auch die unterstützen die innere Uhr.
  • Sport und Bewegung am besten vormittags (wenn du Probleme mit dem Aufstehen hast) oder tagsüber.

Auch die Grinberg-Methode bietet Werkzeuge für besseren Schlaf. Egal ob Du dafür lernen möchtest, Dich besser zu entspannen, die Qualitäten, die für dein Körper für erholsamen Schlaf benötigt zu stärken oder automatische Schlafpositionen zu erkennen und los zu lassen. Bis Ende August biete ich ein spezielles Schlaf_Gut_Paket dafür an.

Als Ausgeschlafene/r hast Du mehr vom Leben. Und alle, die mit Dir zu tun haben, haben mehr von Dir, wenn Du wach und ausgeruht bist. Und Deinen Körper und die Leichtigkeit des Seins wieder öfter genießt. Lass uns Ausgeschlafen Sein zum neuen Cool machen! Ich wünsche Dir einen erholsamen Schlaf und freu mich über Deinen Kommentar zum Thema!

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